Was ist BIM?

  • Mai 6, 2025

Einleitung

Warum reden plötzlich alle über BIM?

Bauunternehmen, Architekturbüros, Behörden – sie alle werfen seit ein paar Jahren mit einem Begriff um sich, als wäre er der heilige Gral der Baubranche: BIM. Hinter dem Kürzel steckt nicht nur eine technische Spielerei, sondern eine Methode, die verspricht, das Planen und Bauen grundlegend zu verändern. Und dann ist da noch dieser „digitale Zwilling“ – ein Begriff, der eher nach Science-Fiction klingt, aber längst Realität auf deutschen Baustellen ist. Doch was genau steckt dahinter?

Die Digitalisierung des Bauens ist kein Trend – sie ist eine Notwendigkeit.

Steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit, Termintreue und Kostensicherheit zwingen die Branche zum Umdenken. Klassische Bauprozesse mit Papierplänen, E-Mail-Chaos und Excel-Listen geraten an ihre Grenzen. Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten: 3D-Modelle, kollaboratives Arbeiten in Echtzeit, automatisierte Auswertungen und Simulationen – das klingt nach Zukunft, ist aber schon heute Standard in vielen Projekten. BIM steht im Zentrum dieser Transformation.

Was du in diesem Artikel erfährst:

Wir erklären dir, was Building Information Modeling wirklich ist – jenseits von Buzzwords und Werbeprospekten. Du bekommst eine verständliche Einführung, erfährst, wie BIM in der Praxis funktioniert, welche Vorteile es bringt und warum es in Zukunft für alle, die planen, bauen oder betreiben, unverzichtbar wird. Ob du Architekt, Bauherrin oder einfach nur neugierig bist: Nach diesem Artikel weißt du, warum BIM das Thema ist, über das du Bescheid wissen solltest.

 

Was genau ist BIM?

BIM ist kein Produkt. Es ist ein Prinzip.

Wer bei „Building Information Modeling“ an eine neue Software denkt, liegt daneben – aber nicht komplett falsch. Denn BIM ist zwar digital, aber vor allem: eine strukturierte Arbeitsmethode. Es geht nicht um ein Tool, sondern um einen Prozess, der das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden grundlegend verändert. BIM ist eine Haltung: Wir denken Bauwerke ganzheitlich – von Anfang bis Ende, gemeinsam und datenbasiert.

Der digitale Zwilling – mehr als ein hübsches 3D-Modell.

Im Zentrum von BIM steht das, was Fachleute den digitalen Zwilling nennen: ein virtuelles Abbild des realen Bauwerks. Doch dieser Zwilling kann mehr als nur schön aussehen. Er kennt jedes Bauteil, jede Schraube, jedes Material. Er weiß, wann welches Element eingebaut wird, wie viel es kostet, wann es gewartet werden muss – und wie sich all das über die Jahre verändern wird.
Kurz: Der digitale Zwilling ist nicht nur Geometrie, sondern Information in Raum und Zeit.

CAD war gestern – BIM geht weiter.

Viele Architekturbüros arbeiten schon seit Jahren mit CAD (Computer-Aided Design). Der Unterschied zu BIM? CAD liefert Zeichnungen. BIM liefert Daten.
Während CAD vor allem die Form abbildet, integriert BIM Zusatzinformationen: Welche Materialien werden verwendet? Wie hoch sind die CO₂-Emissionen? Wie lange dauert der Einbau? Wie reagiert das Bauteil auf Temperaturveränderungen?
Diese Verknüpfung aus Modell und Information macht den Unterschied – und den echten Fortschritt.

 

Die Grundprinzipien von BIM

1. Modellbasiertes Arbeiten – Denken in Dimensionen.

BIM beginnt mit einem dreidimensionalen Modell, aber bleibt dort nicht stehen. Denn die echten Stärken entfaltet BIM, wenn weitere Dimensionen dazukommen:

  • 4D steht für den Zeitfaktor – also Bauzeiten, Abläufe, Terminpläne.
  • 5D ergänzt das Modell um Kosteninformationen – von Materialpreisen bis zur Gesamtkalkulation.
  • Und es hört nicht bei der fünften Dimension auf: Themen wie Nachhaltigkeit (6D), Nutzung & Betrieb (7D) oder Rückbau (8D) werden zunehmend integriert.
    Was das bedeutet? Planen, Bauen und Betreiben verschmelzen zu einem kontinuierlichen Datenfluss, der Entscheidungen fundierter und Prozesse effizienter macht.

2. Die zentrale Datenquelle – alle schauen auf dasselbe.

Herzstück jeder BIM-gestützten Zusammenarbeit ist die sogenannte Common Data Environment (CDE). Man kann sie sich wie ein digitales Nervenzentrum vorstellen:
Hier laufen alle Informationen, Modelle, Dokumente und Änderungen zusammen – aktuell, versioniert, transparent.
Die CDE ist die berühmte „Single Source of Truth“: Es gibt nur eine Wahrheit, auf die sich alle Projektbeteiligten stützen. Keine widersprüchlichen Pläne, keine Excel-Dateien im Anhang von E-Mails, keine Informationsinseln.

3. Kooperation statt Silodenken – und das standardisiert.

BIM ist Teamarbeit auf digitalem Fundament. Architekt:innen, Bauingenieur:innen, TGA-Planer:innen, Bauunternehmen, Facility Manager – alle arbeiten gemeinsam am Modell, mit klaren Rollen, Zugriffsrechten und Verantwortlichkeiten.
Damit das funktioniert, braucht es Standards: definierte Schnittstellen, klar strukturierte Datenformate (wie IFC oder BCF), abgestimmte Prozesse.
Das Ziel: frühzeitige Abstimmung, weniger Kollisionen, bessere Ergebnisse – und ein Bauwerk, das nicht nur gebaut, sondern verstanden wurde.

 

Welche Vorteile bringt BIM konkret?

Weniger Fehler, weniger Kosten, besserer Ablauf.

BIM bringt Struktur in ein System, das lange Zeit von Papierplänen, Baucontainer-Besprechungen und Bauchgefühl geprägt war. Planungsfehler und Kollisionen werden durch Simulationen und Koordinationsmodelle frühzeitig sichtbar, bevor sie auf der Baustelle teuer werden. Änderungen an einem Bauteil wirken sich sofort auf Mengen, Zeitplanung und Kosten aus – automatisch. Das spart Geld, Nerven und Zeit.

Transparenz wird zum Standard.

Jede Entscheidung, jede Änderung, jede Planungsstufe wird im BIM-Modell dokumentiert und versioniert. Wer wann was geändert hat, ist jederzeit nachvollziehbar – und das nicht nur für Bauleiter oder Projektsteuerer, sondern auch für Bauherren, Behörden und Betreiber. Das schafft Vertrauen und reduziert Missverständnisse.

Den ganzen Lebenszyklus im Blick.

Anders als klassische Planungsmethoden begleitet BIM das Bauwerk von der ersten Skizze bis zum Rückbau. Die gleichen Daten, die in der Planung helfen, dienen später auch dem Facility Management. Das Modell kennt Wartungszyklen, Materialeigenschaften, Energieverbräuche – und wird damit zum langfristigen Informationsspeicher.
Das Ergebnis: bessere Betriebsführung, weniger Kosten, mehr Nachhaltigkeit.

BIM wird Pflicht – zumindest im öffentlichen Bau.

Der politische Druck wächst: Ab 2025 ist BIM in Deutschland für Bundesbauprojekte verpflichtend. Zahlreiche Landesbehörden und Kommunen ziehen nach. Wer in Zukunft öffentlich baut, kommt an BIM nicht mehr vorbei. Wer privat baut, profitiert von denselben Vorteilen – freiwillig.

 

So funktioniert BIM in der Praxis


GRAFIK DES BIM-LEBENSZYKLUS MIT FÜNF FARBLICH UNTERTEILTEN PHASEN: 3D-MODELL ERSTELLEN, DATEN INTEGRIEREN, TOOLS VERWENDEN, CDE VERWALTEN UND BETRIEB VERWALTEN – JEWEILS MIT SYMBOLEN UND KURZEN BESCHREIBUNGEN UNTERHALB EINES KREISFÖRMIGEN ABLAUFDIAGRAMMS.

„Grafik des BIM-Lebenszyklus mit fünf farblich unterteilten Phasen: 3D-Modell erstellen, Daten integrieren, Tools verwenden, CDE verwalten und Betrieb verwalten – jeweils mit Symbolen und kurzen Beschreibungen unterhalb eines kreisförmigen Ablaufdiagramms.“

 

Das Herzstück: Ein digitales Modell, das mehr kann.

In der Praxis beginnt BIM mit einem digitalen 3D-Modell des Bauwerks. Doch dieses Modell ist keine hübsche Visualisierung, sondern ein intelligentes, vernetztes System: Es kennt Bauteilinformationen, Materialeigenschaften, Kosten, Termine, Normen. Es denkt mit, simuliert Szenarien, schlägt Alarm bei Konflikten. Es ist das Rückgrat der gesamten Projektsteuerung.

Tools & Technologien: Das digitale Ökosystem.

BIM funktioniert nicht mit einem einzelnen Programm – sondern in einem technologischen Zusammenspiel: CAD-Tools, Kollaborationsplattformen, Simulationstools, Ausschreibungssoftware, IFC-Viewer – alles muss miteinander sprechen. Wichtig sind offene Schnittstellen und standardisierte Formate wie IFC (Industry Foundation Classes) oder BCF (BIM Collaboration Format), damit Modelle austauschbar und lesbar bleiben – unabhängig vom Hersteller.

CDE – die gemeinsame Schaltzentrale.

Die Zusammenarbeit erfolgt über eine Common Data Environment (CDE) – eine zentrale Datenumgebung, auf die alle Beteiligten Zugriff haben. Dort liegen nicht nur Modelle, sondern auch Protokolle, Checklisten, Versionen, Aufgaben und Mängel. Die CDE ersetzt das klassische Projektlaufwerk und wird zur digitalen Kommandozentrale des Bauprojekts.

Nach dem Bau ist vor dem Betrieb.

Ist das Gebäude fertiggestellt, endet BIM nicht – im Gegenteil: In der Betriebsphase wird der digitale Zwilling zum Werkzeug für das Facility Management. Wartungsintervalle, technische Dokumentationen, Umbaupotenziale – alles ist im Modell hinterlegt. So wird der Betrieb planbarer, effizienter, nachhaltiger. Und wer je eine Bestandsaufnahme in einem Altbau gemacht hat, weiß: Ein vollständiges digitales Modell ist Gold wert.

 

Herausforderungen & Grenzen

Neue Denkweise, neue Prozesse.

BIM ist kein Plug-and-Play-System, das sich über Nacht implementieren lässt. Es verlangt ein Umdenken auf allen Ebenen – vom Entwurf bis zur Baustelle. Planer:innen müssen lernen, im Modell zu denken. Bauunternehmen müssen ihre Prozesse digitalisieren. Facility Manager:innen müssen mit digitalen Daten arbeiten, nicht mit Aktenordnern. Dieser Wandel braucht Zeit, Schulung und manchmal auch Geduld.

Software spricht nicht immer dieselbe Sprache.

Ein wiederkehrendes Problem: Interoperabilität. Nicht jede Softwarelösung kommuniziert nahtlos mit anderen Tools. Zwar gibt es Standards wie IFC, doch die Umsetzung ist nicht immer reibungslos. Besonders bei komplexen Projekten mit vielen Beteiligten kann es zu Datenverlusten oder -konflikten kommen – und genau das soll BIM ja eigentlich vermeiden. Hier sind klare Standards, technisches Verständnis und abgestimmte Workflows entscheidend.

Investitionen, die sich (langfristig) lohnen.

BIM spart langfristig Geld – aber der Einstieg kostet. Neue Software, neue Hardware, Schulungen, Umstellung der Abläufe: Das alles braucht Ressourcen, Zeit und strategische Planung. Gerade kleine Büros oder Handwerksbetriebe stehen vor der Frage, ob sich der Aufwand lohnt. Die Antwort lautet: Ja – aber nicht ohne realistische Erwartungen und gute Vorbereitung. BIM ist kein Selbstzweck, sondern ein Investment in bessere Prozesse.

 

Ausblick: BIM als neuer Standard im Bauwesen

Der Druck steigt – von außen und von innen.

Politik und öffentliche Hand machen ernst: Ab 2025 wird BIM für Bundesbauten zur Pflicht. Auch Länder, Kommunen und zunehmend private Bauherren verlangen digitale Prozesse. Gleichzeitig erkennen immer mehr Unternehmen: Wer heute noch analog plant, wird morgen den Anschluss verlieren. Digitalisierung ist kein Nice-to-have mehr, sondern Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit.

BIM als Schlüssel zur Bauwende.

Bauen wird klimabewusster, datengetriebener, effizienter – und BIM liefert das Betriebssystem dafür. Nur wer seine Gebäude versteht, kann sie nachhaltig planen, ressourcenschonend bauen und intelligent betreiben. BIM schafft die Grundlage für fundierte Entscheidungen: über Materialien, Energieverbrauch, Emissionen, Rückbau und Recycling. Wer mit BIM arbeitet, baut nicht nur besser, sondern verantwortungsvoller.

Lebenszyklus statt Bauabschnitt.

Die Zukunft des Bauens denkt nicht mehr in Projektphasen – sondern in Lebenszyklen. BIM macht genau das möglich: Es begleitet das Bauwerk über Jahrzehnte, ist Planungsinstrument, Baustellenhelfer und digitales Betriebshandbuch in einem. Die Grenze zwischen Planung, Bau und Betrieb wird fließend. BIM ist damit nicht nur ein Werkzeug, sondern eine neue Art, Gebäude zu denken.

 

Weiterführende Quellen & Lesetipps

Wer tiefer in die Welt des Building Information Modeling eintauchen will, findet hier fundierte Informationen, Praxisbeispiele und Leitfäden aus erster Hand:

🔹 Autodesk – Grundverständnis, Anwendungsbeispiele und Tools
👉 https://www.autodesk.com/de/solutions/bim

🔹 Bluebeam Blog – Einfach und praxisnah erklärt
👉 https://blog.bluebeam.com/de/building-information-modeling/

🔹 Gebäudeforum klimaneutral – Fokus auf Nachhaltigkeit und Lebenszyklus
👉 https://www.gebaeudeforum.de/wissen/digitale-methoden-und-tools/bim/

🔹 Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg – Umsetzung in Deutschland
👉 https://mil.brandenburg.de/mil/de/themen/querschnittsthemen/digitalisierung/building-information-modeling/

🔹 Eplan Schneider – BIM als Methode, nicht als Produkt
👉 https://www.eplan-schneider.de/bim-definition.html

📘 Lesetipp für Praktiker:innen:
Der „BIM-Leitfaden für Deutschland“ (Bundesarchitektenkammer) – ein Klassiker für alle, die BIM strukturiert einführen wollen.
👉 PDF-Link (AKBW)

 

Fazit

BIM ist kein weiteres Tool – es ist ein neues Denken.
Wer BIM verstanden hat, denkt Bauprojekte nicht mehr in Plänen, sondern in Prozessen. Nicht in Phasen, sondern in Lebenszyklen. Und nicht in Silos, sondern im Team.

Es ist kooperativ, transparent und zukunftssicher.
Von der Skizze bis zum Rückbau verbindet BIM Menschen, Daten und Prozesse in einem digitalen Modell. Es spart Ressourcen, schafft Klarheit – und bringt Bauprojekte in eine neue Qualität.

Kurz gesagt:
👉 Wer heute plant, baut digital. Wer digital plant, baut besser.

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